Die FDP-Fraktion unterstützt alle Anstrengungen, um die Stadt Chemnitz klimaneutral zu machen (wünschenswert bis 2035).
Aus dieser Sicht befördern wir alles, was einen klimaneutralen Individualverkehr unterstützt (E-Auto, klimaneutraler Verbrenner, Menthol statt Benzin – CH3OH).
Generelle Vorschläge:
1) Dem neuen Mobilitätsplan (2023-2040) ist eine Abrechnung (Soll-Ist-Vergleich) des vorausgegangenen Verkehrsentwicklungsplanes voranzustellen.
2) Ziele: Es sind realistische Zielsetzungen für alle Teile des Verkehrs zu formulieren. Die bisherigen Ziele (z.B. Verdreifachung des Radverkehrs, Verdopplung des ÖPNVs, Halbierung des MIV) sind aus unserer Sicht unrealistisch und stimmen mit den Gegebenheiten unserer Stadt (Demographischer Wandel, Siedlungsstruktur, etc.) nicht überein. Die Diskussion realer Ziele sollte im Mittelpunkt der Überarbeitung stehen, weil unrealistische Ziele nicht anspornend, sondern eher demotivierend sind.
3) Budget und Haushalt: Es sollte ein Vorschlag ausgearbeitet werden, wie künftig die im Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel für die Mobilität aufgeteilt werden. Im Verhältnis zu den Mobilitätszielen sollte auch eine Budgetzuweisung erfolgen und kein allzu starkes Ungleichgewicht produziert werden (Vergleich Anteil Fußgänger mit dem Budget für Fußwege).
4) Für unsere Stadt ist eine Beförderung der Elektromobilität notwendig und möglich. Der Nutzung des MIV Rechnung tragend bedarf es nicht einer Einkürzung dieses Anteils mittels negativer Anreize, sondern eine Verdeutlichung der Vorteile der Elektromobilität für die entsprechende Zielgruppe (Beispiel: Senioren der äußeren Stadtteile sind auf das Auto angewiesen, haben aber vergleichsweise kurze Strecken. Diese Gruppe wäre für die Nutzung von E-Autos prädestiniert).
5) Negative Anreize (Verknappung und Verteuerung von Parkplätzen z. B., stringente Überwachungsmaßnahmen) lehnen wir generell ab.
6) Zur besseren Umsetzung des Planes und einer gesteigerten Akzeptanz des Planes und dessen Ziele müssen einzelne Meilensteine oder Zwischenziele formuliert werden, die der langfristigen Zielvorgabe untergeordnet sind.
Im Folgenden folgen Einzelbemerkungen zu Details des Entwurfs des Mobilitätsplanes:
S-09: Als FDP-Fraktion lehnen wir eine Überwachung des ruhenden Verkehrs, welche über dem tatsächlichen Bedarf hinausgeht, ab. Zusätzliche Mittel des Freistaates oder aus dem Haushalt erachten wir als nicht notwendig, daher soll diese Stelle ersatzlos gestrichen werden.
S-22: Insbesondere in den historischen Quartieren besteht die Gefahr, dass dieser Punkt nicht realisiert werden kann. Wenn dieser Punkt umgesetzt werden soll, dann schlagen wir als FDP-Fraktion vor, dass dies nur in den Quartieren anzuwenden ist, wo es auch tatsächlich und ohne größeren baulichen Aufwand möglich ist.
PS-06: Die Hauptaufgabe im kommunalen Radverkehr sollte die Sicherung und Erweiterung des Radnetzes innerhalb des Stadtgebietes für den Alltagsradverkehr sein. Überregionaler Ausbau des Radnetzes ist wünschenswert, aber aus Sicht der FDP-Fraktion sollte die Formulierung der Vorrangigkeit und Nachrangigkeit abgebildet werden.
S-34: Die monetären Voraussetzungen für Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur muss sich am Nutzungsgrad der Radnetze orientieren. Pauschale Geldbeträge, welche sich nicht aus der Nutzung/Nachfrage ergeben, lehnen wir ab.
S-42: Parkräume sind so auf- und abzubauen, wie es die aktuelle Nachfrage bedarf. Eine Verringerung der Parkräume bei gleichbleibender Nachfrage führt zu zusätzlichen Frust bei den Autofahrern und stellt zudem einen negativen Anreiz dar, welchen wir grundsätzlich ablehnen. Bereits jetzt stellt sich ein zunehmender Mangel an Parkflächen, v. a. im Innenstadtbereich und in den verdichteten Stadtteilen, ein, sodass ein weiterer Abbau von Parkflächen auf wenig Akzeptanz in der Bevölkerung, insbesondere bei Anwohnern und Arbeitnehmern, stoßen wird.
S-68: Bei einer Umwandlung des informellen Bündnisses für Einbindung von Chemnitz in den Schienenpersonenfernverkehr in eine feste Institution müssen auch klare Aufgaben und Ziele mit benannt werden.
S-75: Als FDP-Fraktion werfen wir hier die Frage auf, inwiefern es sinnvoll sei, dass man mit einem schwer manövrierfähigem ÖPNV Fahrzeug auf einer Nebenstraße 50 Km/h fahren darf, mit einem leicht zu handhabendem PKW aber nur 30 km/h? Hier ergibt sich eine Gefahrensituation, wenn Busse PKWs überholen werden. Diese Gefahrensituation möchten wir als FDP-Fraktion vermeiden.
S-78: Eine unbegründete grundsätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung lehnen wir ab. Die Verkehrsbehörden sollen die Möglichkeit der Geschwindigkeitsbegrenzung nur dann anwenden, wenn es die Gefahrenlage auch erfordert. Dies könnte u. U. in dicht besiedelten Wohngebieten oder an punktuellen Gefahrenstellen, wie KiTas oder Schulen, der Fall sein.
P-19: Als FDP-Fraktion erachten wir eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h wie o. g. insbesondere in Wohngebieten für sinnvoll. Das innerstädtische Straßennetz ist jedoch so gut ausgebaut, dass die aktuellen Geschwindigkeitsvorgaben als ausreichend betrachtet werden können. Einer pauschalen Absenkung der innerstädtischen Regelgeschwindigkeit stehen wir nachdrücklich ablehnend entgegen.
PS-10: Parkflächen werden in der Innenstadt bereits jetzt bewirtschaftet. Eine grundsätzliche Bewirtschaftung aller Parkflächen im gesamten Stadtgebiet muss vorab bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Ein Abbau der unbenutzten Parkflächen stärkt im Umkehrschluss nicht automatisch den Umweltverbund, sondern bringt die Bürgerinnen und Bürger um ihre Wahlfreiheit in Bezug auf das zu benutzende Verkehrsmittel.
S-80: Die Parkgebühren haben sich aus dem geschaffenen Angebot sowie der bestehenden Nachfrage zu ergeben. Der angeführte Vorschlag zur Bindung des Preises an ÖPNV-Einzelfahrten führt zu betriebswirtschaftlich nicht begründbaren Erhöhungen der Parkgebühren, insofern sich auch die Preise des ÖPNVs (durch evtl. berechtigte Kostensteigerungen) erhöhen. Grundsatz einer Preisbemessung sollte immer im Sinne der Marktwirtschaft erfolgen, nicht aus Gründen zur Regulierung und Steuerung (Nudging) der Verhaltensweise unserer Bürgerinnen und Bürger.
S-82: Die Stellplätze von Neu- und Umbauten sind am Bedarf der Einwohner und deren Mobilitätsverhalten zu bemessen. Eine wiederholte Einsparung von Parkflächen zugunsten des Umweltverbundes zeigt erneut, dass der Mobilitätsplan 2040 als politisches Gestaltungsmittel die erzieherischen Maßnahmen dem tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung vorzieht. Dies wird dem Anspruch an ein Verkehrsentwicklungskonzept einer Großstadt nicht gerecht.
S-91: Steigende Parkgebühren müssen entlang der Nachfrage begründet sein. Höhere Parkgebühren mit dem Hinweis auf den Umweltverbund stellt eine Verhaltenslenkung des Einzelnen dar und ist dementsprechend kritisch zu betrachten. Weiterhin kann dieses Vorhaben vielen Verkehrsteilnehmern, welche auf das Auto angewiesen sind, eine unnötige Zumutung sein. Auch hier stellt sich ein Versuch der Lenkung ein, den wir (wiederholt) als nicht durchdacht ablehnen.
P-30: Eine Etablierung von autonomen Fahrzeugen als Ersatz für den herkömmlichen MIV wird der nächste Schritt in der Entwicklung des Automobils sein. Die Schaffung der dafür benötigten Infrastruktur sollte eine der zentralen Aufgaben der Stadt sein, daher darf sie sich nicht Fahrzeugen verwehren, welche sich schwerer in die bestehende Infrastruktur integrieren lassen, sondern muss die Entwicklung der Infrastruktur für autonomen Verkehr vorantreiben.
P-33: Die Nutzbarkeit öffentlicher Parkplätze muss für alle gleichermaßen gegeben sein. Eine einseitige Nutzung, also durch ladende Fahrzeuge, wird eine Lücke im Parkraum hinterlassen. Gerade in der Innenstadt besteht die Gefahr, dass die Attraktivität und die Zugänglichkeit, insbesondere für Gäste aus den anliegenden Regionen, abnimmt. Bereits jetzt gibt es viele Nutzer, die als “Dauerlader” mit ihren E-Fahrzeugen länger als notwendig auf den dafür reservierten Plätzen parken. Eine erste Begrenzung der kostenfreien Stellzeit (Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Sitzung am 24.11.2021) ist dahingehend ein ausreichender Kompromiss.
P-34: Das Ziel der Diskussionen sollte sein, dass den Anwohnerinnen und Anwohnern eine möglichst breite und fundierte Grundlage bei der Entscheidungsfindung für die Wahl des täglichen Verkehrsmittels geboten wird. Instrumente mit Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung zur Umgehung direktiver Reglementierungen sollten dabei außen vor bleiben und hierbei stattdessen den Gedanken eines mündigen Bürgers zugrunde legen.